Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Rems-Murr

Suche nach dem richtigen Mix für den Verkehr in Waiblingen

Von Andreas Hacker / ZVW

Aktualisiert: 06.04.2025 19:06

Waiblingen. Warum nicht die Kreuzung am Alten Postplatz schließen und alle Straßen in Richtung Innenstadt zu Sackgassen machen? Mit diesem Vorschlag ist Andreas Schwager, Sprecher von Pro Velo und des ADFC Rems-Murr (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), bei der ersten Bürgerbeteiligung zum Mobilitätsentwicklungsplan (MEP) Waiblingen 2035 dem nachgekommen, was Baubürgermeister Dieter Schienmann in seiner Begrüßung gesagt hatte. Es geht um die Fortschreibung des bestehenden Verkehrsentwicklungsplans aus dem Jahr 2012 mit dem Ziel, Leitlinien und neue Ideen für die nächsten Jahre zu finden. Das geschehe auf einer „relativ hohen Flugebene“, gab Schienmann am Donnerstagabend im Bürgerzentrum zu. Früher sei das konkreter gewesen, aber halt auch mit der Gefahr verbunden, das große Ganze etwas aus dem Auge zu verlieren.

Grundlegende Ziele statt Einzelmaßnahmen

Die Herausforderung wird sein, den Schwerpunkt auf grundsätzliche Ziele wie zum Beispiel die Abtrennung von Nebenstraßen als möglichst verkehrsberuhigte Bereiche oder den Vorrang für den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) zu legen. Denn schon jetzt zeigt sich auf der begleitenden Online-Pinnwand und in den Beiträgen beim Workshop im Welfensaal das Bedürfnis der Bürger, auch konkrete Maßnahmen wie etwa die Umgestaltung der Fronackerstraße zur Fußgängerzone oder Tempo 30 in allen Ortschaften zu diskutieren.

Unternehmen beklagen Verspätungen

Grundlage des Verfahrens, das mindestens bis zum Sommer laufen wird, ist eine Analyse, die die Mobilitätsplaner Steffen Eckert und Franziska Lieb vom Ingenieurbüro Praxl und Partner aus Filderstadt vorgestellt haben. Dazu wurden Verkehrsmengen auf den wichtigsten Straßen gezählt sowie Haushalte und Betriebe befragt. Demnach klagen die Unternehmen über schlechte ÖPNV-Anbindungen und häufige Verspätungen, über Staus und über ein schlechtes Radwegenetz. Zwei Drittel ihrer Beschäftigten (67 Prozent) kommen mit Auto oder Motorrad zur Arbeit, 18 Prozent mit dem ÖPNV. Was den sogenannten Modalsplit angeht, die Wahl des bevorzugten Verkehrsmittels für anstehende Wege, liege Waiblingen im Mittelfeld vergleichbarer Städte, sagte Steffen Eckert. Mit 48 zu 52 Prozent gebe es keinen Ausreißer in die eine oder andere Richtung: einerseits 22 Prozent zu Fuß, elf Prozent mit dem Rad und 15 Prozent ÖPNV, andererseits neun Prozent Mitfahrer und 43 Prozent Fahrer im motorisierten Individualverkehr.

Zwei Bürgerworkshops

Mit Weeber und Partner aus Stuttgart hat die Verwaltung ein Institut für Stadtplanung und Sozialforschung an ihrer Seite, das dafür sorgen soll, dass sowohl die Fachkenntnisse lokaler Branchenvertreter als auch die Interessen der Waiblinger Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Deshalb haben sich schon im November ein interner Lenkungskreis und im Februar ein Arbeitskreis konstituiert, in dem auch Behörden wie das Landratsamt, Dienstleister wie der VVS oder Interessensgruppen wie der ADFC vertreten sind. Grundzüge und der Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurden Ausschuss für Planung, Technik und Bauen des Gemeinderats diskutiert, nun gab es jetzt im Workshop die erste Stufe der Bürgerbeteiligung.

Von freie Fahrt bis Netztrennung

Als Rahmen genannt werden sieben Bereiche der Mobilität: fließender Verkehr, ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr, ruhender Verkehr, Wirtschaftsverkehr und Mobilitätsmanagement. Zu jedem dieser Themen gibt es drei Bausteine (A bis C) mit möglichen Aufgaben, gestaffelt nach Zielen, die letztlich vom Gemeinderat zu beschließen sind. Entscheidet sich das Gremium zum Beispiel beim fließenden Verkehr für eine möglichst große Beruhigung (Baustein A), so könnte als Ziel für den MEP 2035 eine weitgehende Trennung der Nebenstraßen vom Straßennetz formuliert werden. Die Gegenposition findet sich in Baustein C: keine Beeinträchtigung des Verkehrsflusses, attraktive Kfz-Verbindungen gegebenenfalls mit Ortsumgehungen, Verkehrsberuhigung nur in Einzelfällen bei Problemen mit der Verkehrssicherheit.

Ein Ring um die Altstadt?

In welche Richtung es nach Ansicht der gut ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger gehen soll, war beim Workshop eindeutig: Aufgefordert, mit sieben grünen Punkten die einzelnen Bausteine zu bewerten, gab es einen klaren Wunsch für das Szenario mit den Bausteinen A. Und keinen für das eher autofreundliche Szenario C. Den weitesten Wurf gewagt hat dabei Andreas Schwager: Waiblingen habe mit Talstraße, Neustädter Straße, Alter Bundesstraße, Jesistraße, Devizesstraße, Dammstraße und Westtangente einen leistungsfähigen Ring um die Altstadt. Deshalb müsse da kein Durchgangsverkehr mehr durch. Und über Sackgassen als Zufahrt blieben alle privaten und öffentlichen Garagen erreichbar.

Bis 10. April sind auf der Online-Pinnwand noch Bewertungen und eigene Vorschläge möglich. Dann geht alles zurück in den Arbeitskreis und soll noch vor der Sommerpause im Gemeinderat und seinen Ausschüssen beraten und beschlossen werden. Nach den Ferien ist eine Bürgerinformation geplant.

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