geschützter Radweg

Geschützter Radstreifen © ADFC Berlin | Wolfgang Wrensch

Offener Brief: Bahnsperrung Bad Cannstatt – Waiblingen

Mit großer Sorge haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Deutsche

Bahn über Monate jeglichen Zugverkehr auf der Strecke Bad Cannstatt –

Waiblingen aussetzen wird.

Sehr geehrter Herr Verbandsvorsitzender Bopp,

Sehr geehrter Herr Regionaldirektor Dr. Lahl,

Sehr geehrte (Ober-)Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister,

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großer Sorge haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Deutsche Bahn über Monate jeglichen Zugverkehr auf der Strecke Bad Cannstatt – Waiblingen aussetzen wird. Wir halten es für notwendig, dass der Umstieg der Fahrgäste auf das Fahrrad von Kommunen und Region aktiv unterstützt und gefördert wird. Die Strecke zwischen Waiblingen und Stuttgart weist ein leicht zu bewältigendes Höhenprofil auf. Zu befürchten ist allerdings, dass viele Fahrgäste auf den MIV umsteigen könnten und unsere Städte für diesen Zeitraum noch stärker mit Lärm, Abgasen und aggressivem Verhalten belastet werden als sonst, ganz abgesehen von den zusätzlichen Treibhausgasen. Auch der Radverkehr wird zunehmen, was einerseits eine Chance sein kann, andererseits aber bei gleichzeitig steigendem MIV auch zu zusätzlichen Konflikten zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer*innen führen kann. Dabei ist zu beachten, dass auch viele Schüler*innen normalerweise die S-Bahn nutzen, insbesondere mit Ziel Fellbach (Swiss International School) oder Sommerrain (Albertus-Magnus-Gymnasium).

Wir sehen daher die dringende Notwendigkeit, mittels Sofortmaßnahmen den MIV zu begrenzen und gleichzeitig zum Radfahren einzuladen. Insbesondere der Stadtbezirk Bad Cannstatt und die Stadt Fellbach müssen vor noch mehr Kraftfahrzeugen geschützt werden. Die Maßnahmen sollten sich besonders auf die Strecke zwischen der Stuttgarter Innenstadt und Waiblingen beziehen, aber auch auf anderweitige Zulaufstrecken. Durch großräumige Verkehrsverlagerung kann es auch sinnvoll sein, Straßen, die relativ weit weg von dieser Brennpunkt-Strecke liegen, mit einzubeziehen. Besonders wichtig ist es, Wohngebiete vor zusätzlichem Schleichverkehr zu schützen, wofür Versuche mit temporären modalen Filtern ein geeignetes Mittel sein dürften.

An den betroffenen Hauptverkehrsachsen denken wir in erster Linie an die Schaffung von Pop-up-Radwegen zum Beispiel durch Umwidmung von Kfz-Stellplätzen. Aber trotz erwartetem zusätzlichem Kfz-Verkehr darf es kein Tabu sein, auch Fahrspuren des MIV für den Radverkehr umzuwidmen, zum Beispiel auf und nahe am Cannstatter Wilhelmsplatz – denn wie eingangs gesagt, geht es darum, die Stadt vor zusätzlichem Pendler-Kfz-Verkehr zu schützen.

Im Einzelnen denken wir an folgende Bereiche: Zwischen der Stuttgarter Innenstadt und Bad Cannstatt muss das Ziel sein, den zusätzlichen Radverkehr möglichst nicht komplett im Schlossgarten abzuwickeln, da sonst noch mehr Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr zu befürchten sind. Vor allem die Neckarstraße bietet sich als Alternativstrecke für den Radverkehr an, solange in der Cannstatter Straße keine Radverkehrsführung eingerichtet werden kann. In Bad Cannstatt geht es vor allem um den Bereich um den Cannstatter Wilhelmsplatz; stadtauswärts um die Unterquerung der Eisenbahnlinie, stadteinwärts um den ganzen Abschnitt zwischen Daimlerstraße und Mercedesstraße. Bei den Zulaufstrecken denken wir hier in erster Linie an die Mercedesstraße, Schönestraße und Schmidener Straße. Überdies ist es wichtig, die Umwandlung der aktuellen Baustraße beim Schloss Rosenstein in einen Radweg möglichst schnell umzusetzen.

In Fellbach sollte der Durchgangsverkehr möglichst von der oberirdischen Strecke der Stuttgarter Straße und Schorndorfer Straße verbannt werden, so dass die Radfahrer*innen dort nicht auf die ultraschmalen Radwege angewiesen sind, deren Benutzungspflicht dringend aufgehoben gehört. Sollte dies nicht möglich sein, sollte zumindest die Geschwindigkeit reduziert werden, im inneren Bereich möglichst auf 20 km/h. Außerdem darf der ohnehin viel zu schmale Radweg nicht weiter auch noch durch den Dooring-Bereich der dort parkenden Fahrzeuge eingeengt werden, diese Stellplätze müssen zwingend aufgelöst werden.

In Kernen denken wir vor allem an die Waiblinger Straße, die Fellbacher Straße und die Karlstraße. In diesen Straßen ist im Lärmaktionsplan ohnehin Tempo 30 vorgesehen; dies sollte nun sehr schnell umgesetzt werden. Überdies sollte in der Fellbacher Straße westwärts die Benutzungspflicht des Geh- und Radwegs entfallen und ein Parkverbot angeordnet werden, wie es im Radverkehrskonzept vorgesehen ist; zusätzlich sollte auf der Fahrbahn eine Piktogrammkette markiert werden. In der Karlstraße ist es dringend erforderlich, gemäß Radverkehrskonzept die Längsparkstände aufzulösen, durch welche Dooring-Gefahr besteht. Auch in der Waiblinger Straße sollte ein Parkverbot erlassen und in Fahrtrichtung Süden eine Popup-Radverkehrsanlage eingerichtet werden. Diese sollte aus unserer Sicht aber nicht schmaler als 2 Meter sein.

In Waiblingen geht es in erster Linie um die Radverkehrsführung in der Stuttgarter Straße. Dabei stehen die LSA an der Ziegeleistraße und eine klar erkennbare Radverkehrsführung an der Straße Beim Wasserturm im Blickpunkt, aber es geht auch um die Stellplätze stadteinwärts, bei denen Dooring-Gefahr besteht. Auch die Fortsetzung der Route in die Innenstadt ist zu verbessern, entweder durch schnelle Umsetzung des Beschlusses, die Treppe in der Heinrich-Küderli-Straße umzubauen oder die Mayenner Straße in eine Fahrradstraße umzuwidmen. An der Waiblinger Westeinfahrt der alten B14 bietet sich überdies die Gelegenheit, mittels Popup-Radwegen den Radverkehr zu priorisieren.

Selbstverständlich sollten alle vier adressierten Kommunen verstärkt dafür sorgen, dass vermeidbare Behinderungen des Radverkehrs ausbleiben. Dies betrifft zum Beispiel unklare Führungen an Baustellen und verschmutzte Landwirtschaftswege. Überdies sollte die Nutzung des RegioRads für diese Zeit attraktiver werden, etwa durch eine Verlängerung der kostenlosen ersten halben bzw. viertel Stunde, was dann auch nicht nur für Polygo-Card-Inhaber*innen gelten sollte. Zwischen der Stuttgarter Innenstadt und Waiblingen benötigt ein geübter Radfahrer eine knappe Stunde. Anderthalb Stunden wären somit eine angemessene Zeit, die man den Nutzer*innen lassen sollte, bevor die BezahlUhr zu ticken beginnt, für Pedelec-Nutzer*innen eine Stunde. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

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Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

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  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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