Stadtrat kritisiert Stadt Waiblingen: Fahrrad-Maßnahmen nicht umgesetzt
Tobias Märtterer ist „enttäuscht“ und „traurig“: Vor über einem Jahr, noch 2021, hat der Gemeinderat Waiblingen, dem Märtterer als Mitglied der Fraktion Grünt + Tierschutzpartei angehört, mehrere Verbesserungen für Fahrradfahrer beschlossen.
28-02-2023
Von Daniel Hertwig
Tobias Märtterer ist „enttäuscht“ und „traurig“: Vor über einem Jahr, noch 2021, hat der Gemeinderat Waiblingen, dem Märtterer als Mitglied der Fraktion Grünt + Tierschutzpartei angehört, mehrere Verbesserungen für Fahrradfahrer beschlossen. Doch bis heute sind längst nicht alle umgesetzt
Grünpfeil-Schilder an einigen Ampeln gibt es trotz Beschluss nicht
Beispielsweise sollte an der Neustadter Hauptstraße das Überholen von Radfahrern oder Mofas verboten werden, aus Sicherheitsgründen. Auch Grünpfeil-Schilder an einigen Ampeln gibt es trotz Beschluss nicht. Die Stadt verweist hier auf „rechtliche Hürden“. Auf Anfrage der Redaktion nimmt die Verwaltung zu einigen der Maßnahmen erneut Stellung.
Eine ganze Reihe an Verbesserungen sähe Grünt-Stadtrat Märtterer gerne umgesetzt - und zwar bald. Ende Januar hat er das Thema angesprochen, erst in einer E-Mail an die Stadtspitze, dann im zuständigen Ausschuss für Planung, Technik und Bauen. Eine zufriedenstellende Antwort, wann die Maßnahmen kommen, habe er nicht erhalten, sagt Tobias Märtterer. Darüber seien er und seine Fraktionskollegen „enttäuscht“.
Grünpfeile, Überholverbot, Gatter: Warum nicht umgesetzt?
Zu drei der im Jahr 2021 im Gemeinderat im Rahmen von Haushaltsanträgen beschlossenen Maßnahmen äußert sich die Verwaltung nun auf Anfrage der Redaktion:
- Grünpfeile: Bei entsprechendem Schild dürfen Radfahrer auch bei roter Ampel rechts abbiegen, wenn der Verkehr es zulässt. In der Stellungnahme der Verwaltung auf einen Haushaltsantrag der Fahrradvertreter von „Pro Velo“ hieß es 2021, es sei „erfreulich, mitteilen zu können, dass an den nachfolgend genannten Einmündungen Grünpfeile für Radfahrer installiert werden: von der Dammstraße in die Fronackerstraße; vom Bahnhof kommend in die Dammstraße; von der Bahnhofsstraße aus Richtung Innenstadt kommend in die Dammstraße. Eine intensivere Prüfung erfordert eine mögliche Ausschilderung aus der Schmidener Straße in die Talstraße.“ Das klang recht konkret und so, als ob die Grünpfeile rasch installiert werden könnten. Nun verweist Oliver Conradt, Abteilungsleiter Ordnungswesen, aber darauf, dass „die rechtlichen Hürden sehr hoch“ seien. „Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung zählt eine Vielzahl von Verkehrssituationen auf, bei denen Grünpfeile für den Radverkehr überhaupt nicht angewendet werden dürfen. In der Bahnhofstraße ist die Inbetriebnahme des Hotelneubaus abzuwarten. Auch soll der gesamte Kreuzungsbereich Dammstraße/Fronackerstraße im Rahmen des Radschnellwegs RS 8 gesondert betrachtet werden.“
- Überholverbot von einspurigen Fahrzeugen: In der Neustadter Hauptstraße sollte in der Steigung auf etwa 130 Metern, zwischen Bühlweg und Friedhofstraße, untersagt werden, dass Autos oder Lkw Radfahrer, Mofas oder auch E-Scooter überholen. Die Stadtverwaltung hatte dem Rat vorgeschlagen, der Maßnahme zuzustimmen, und begründet: „Aufgrund der Straßenbreite besteht dort bereits ein gesetzliches Überholverbot, da der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Dennoch ist dies an dieser Stelle für viele Kraftfahrzeughalter (w/m/d) nicht erkennbar. Daher wird zur eindeutigen Regelung das Verkehrszeichen aufgestellt.“ Und nun, 2023? Oliver Conradt antwortet dazu: „Nach Anhörung der Polizei zeigte sich, dass das Überholen unter Einhaltung des Abstands von 1,5 Metern dort grundsätzlich möglich ist und die Beschilderung für die Leichtigkeit des Verkehrs sogar kontraproduktiv sein könnte. Aufgrund der Komplexität des Sachverhaltes wird diese Angelegenheit nochmals eingehend geprüft.“
- Drängelgatter/Schranken: Stadtrat Märtterer und ProVelo beklagen zudem, dass noch nicht alle sogenannten Drängelgatter entfernt worden sind. Diese bremsen Radfahrer aus, zwingen teils zum Absteigen. Zwar sind manche der Gatter verschwunden, andere wurden geöffnet. Aber, so die Verwaltung jetzt: „Halbseitige Schranken, die von der Stadt geöffnet wurden, werden teilweise von Anwohnern wieder verschlossen, da die Wege ohne die Schranken mit wesentlich höheren Geschwindigkeiten befahren werden.“ Auch Poller, die verhindern sollen, dass Autos bestimmte Wege nutzen oder falschparken, habe die Stadt „an vielen Stellen“ wieder anbringen müssen, denn, so Baubürgermeister Dieter Schienmann: „Nachdem an Wegen und Zufahrten die Poller entfernt wurden, musste festgestellt werden, dass die Abschnitte mit Motorfahrzeugen befahren oder zugeparkt wurden, was eine Gefahr für Fahrradfahrer und Fußgänger darstellt.“
Die Verwaltung verweist in ihrer Antwort darauf, dass sechs Pro-Velo-Forderungen inzwischen abgearbeitet seien, darunter das Streichen von Parkplätzen an der Alten Winnender Steige und ein „Radfahrer frei“-Zeichen in der Sudetenstraße. Auch in der Heinkelstraße sei das „Radfahrer frei“ entgegen der Fahrtrichtung „mittlerweile angeordnet“, so Schienmann.
Stadtrat Tobias Märtterer: „Wir kommen nicht voran“
Und was die von Radfahrern als problematisch empfundene Treppe in der Heinrich-Küderli-Straße angeht, teilt der Baubürgermeister mit: „Die Planung Geh- und Radweg in der Heinrich-Küderli-Straße erfolgt in 2023 und wird im Ausschuss Planung, Technik, Bauen vorgestellt. Die Mittel zum Bau der Rampe sind in 2024 bereitgestellt.“
Bei anderen Punkten, etwa den Grünpfeilen in Bahnhofsnähe, ist es laut Oliver Conradt aber nicht so einfach. Es gebe an diesen „Knotenpunkten“ rechtliche „Ausschlussgründe“. Die auf die Haushaltsanträge 2021 gegebenen „grundsätzlichen Antworten“, gibt er zu bedenken, „ersetzen keine fachliche Prüfung sowie gesetzlich vorgeschriebene Anhörungen“.
Stadtrat Tobias Märtterer hingegen beklagt: „Wir kommen nicht voran.“ Auch er sehe, dass der Fachkräftemangel die Planung verzögert - Stichwort Radverkehrskoordinator, eine seit langem offene Personalie -, aber, so der Grünt-Mann: „In anderen Städten wie Fellbach geht es auch, wenn man will. Da wird mehr getan für Radfahrer.“