begleitete Fahrradtour

Rems-Murr: Bahnsperrung und Streik: ADFC bietet begleitete Fahrradtour an; Tourguides zeigen, wie man am besten mit dem Fahrrad von Waiblingen nach Stuttgart kommt, wir fahren mit.

Pendel-Testfahrt mit dem Rad ab Waiblingen: Schneller als der Bus, wetten dass?

16.05.2023

Wer kommt garantiert pünktlich an und kann trotzdem länger schlafen? Der radfahrende Mensch. Wer’s nicht glaubt, radle probeweise mit ausgebildeten Tourguides von Waiblingen nach Cannstatt.

Wer kommt garantiert pünktlich an und kann trotzdem länger schlafen? Der radfahrende Mensch. Wer’s nicht glaubt, radle probeweise mit ausgebildeten Tourguides von Waiblingen nach Cannstatt. Keine Sorge, das schaffen auch Leute, deren Sportskanonenkarriere noch nicht begonnen hat.

Wir möchten über die Erfahrungen unserer Leserinnen und Leser mit der Bahnsperrung berichten. Teilen Sie uns Ihre Erlebnisse per Mail an kreis [at] zvw.de mit.

Radweg-Ausstattung in Fellbach: gar nicht schlecht

Verblüffende Erkenntnis Nummer eins nach einer Schienenersatzverkehrsfahrt auf zwei Rädern, begleitet von ADFC-Fachleuten: Die Chance, nicht hinterrücks von einem 700-PS-AMG umgenietet zu werden, liegt bei nahezu 100 Prozent. Der Grund: Es gibt mehr Radwege, als man denkt, zumindest in Fellbach (und anderswo auch, aber trotzdem wären viel mehr Wege viel besser).

Verblüffende Erkenntnis Nummer zwei: Schneller als mit dem Rad geht’s gar nicht. Außer vielleicht nachts um drei.

Mords viel Spaß macht die Strecke ab Cannstatt-Ortsschild Ost, denn ab da geht’s bergab. Vorsicht, unten in der Senke steht ein Blitzer, aber Fahrräder blitzt der nicht, verspricht Tourguide Stefan Richter.

Autos blitzt der Blitzer zu Berufsverkehrszeiten auch nicht. Staubedingt überschreiten sie dort früh um halb acht die allseits akzeptierte Autofahrer/-innen-Höchstgeschwindigkeit von zwei Stundenkilometern sowieso niemals.

Wieso schalten Fußgängerampeln ewig lang nicht auf Grün?

Während Im-Auto-Sitzende von zwei Tonnen Blech umhüllt stehend ausharren, saust man als Radfahrerin ungehemmt an allen vorbei. Zu stoppen ist der radelnde Mensch allein von Fußgänger- und Radfahr-Ampeln, die, das müsste mal jemand nachweisen und anprangern, mindestens dreimal so lang rot bleiben wie die Leuchtsignale für die Benzin-Mafia.

Dr. Andreas Schwager sieht selbst ein bisschen wie ein Leuchtsignal aus. Der politische Sprecher des ADFC Rems-Murr trägt Neongelb an diesem schönen Dienstagmorgen. In Meetings bei Sony in Hedelfingen kann er in Neongelb nicht aufschlagen, weshalb er sowohl Dusche als auch Spind vor Arbeitsbeginn nutzt.

Sofern es nicht schüttet wie aus Kübeln, pendelt der Ingenieur mit dem Fahrrad von Waiblingen-Neustadt zur Arbeit nach Hedelfingen. In 35 Minuten ist er da – und zwar nur mit dem Rad zuverlässig immer – völlig unabhängig davon, „wie die Verkehrssituation ist“. Weder mit dem Auto noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln schafft er die Strecke in so kurzer Zeit. Zumal er zusätzlich immer zahlreiche Pufferminuten einbauen muss, sofern doch mal das Auto zum Einsatz kommt: Anderthalb Stunden kann’s auf vier Rädern dauern, wenn’s ganz schlecht läuft.

Stefan Richter zählt aus dem Effeff zig verschiedene Pendel-Routen nach Stuttgart auf, die radfahrende Menschen wählen können. Er selbst fährt das ganze Jahr mit dem Rad zur Landesbank in Stuttgart-Mitte; dort hängt sein Anzug im Schrank. Zeitbedarf ab Waiblingen Stadtmitte: 40 Minuten.

Das stresst doch jetzt gleich wieder alle, die halt nicht so strampelgeübt sind – oder nicht?

Zahl der Steigungen hält sich in Grenzen

Es gilt das Versprechen, wer sich Tourguides des ADFC anschließt, wird nicht abgehängt. „Man muss nicht den Berg hochhektiken“, schlägt Stefan Richter vor. Die Strecke von Waiblingen nach Stuttgart säumen eh keine nennenswerten Steigungen.

Dann los. Die von Guides begleiteten Touren starten am P+R-Parkhaus am Waiblinger Bahnhof, dort den Hinterausgang nehmen am letzten Gleis und einmal rechts um die Ecke. Relativ schnell nach Tourstart folgt der erste kleine Stresstest: Auf Höhe Obi geht’s links, und an dieser Stelle teilt man sich notgedrungen die Straße mit Autos. Niemand hupt, niemand drängelt, und doch weiß man als lebenserfahrener Mensch: Den Autofahrer nervt das jetzt, dass ihm jemand mit null PS den Weg versperrt, während er selbst über 300 verfügt.

Sollte es nicht, findet Andreas Schwager. „Selbstbewusst mittig fahren“, rät der Radfahrprofi, denn wer sich als Radler zu weit an den rechten Fahrbahnrand verkrümelt, provoziert womöglich unangenehme Überholmanöver. Im Übrigen, so kann man’s auch mal betrachten, müsste jeder Autofahrer und jede Autofahrerin hocherfreut allen Radelnden Kusshände schicken, denn wer Rad fährt, verlängert keinen Stau.

Knallrote Flächen für mehr Sicherheit

Es geht weiter. In Fellbach herrscht kurz Blend-Alarm: Noch knalliger rot hätten sie die für Radfahrende konzipierten Überfahrten nicht gestalten können. „Rote Teppiche“ heißen diese Flächen, und Andreas Schwager würde sich viel mehr Teppiche dieser Art in Rems-Murr-Städten und anderswo wünschen. Umfragen zufolge steigen viele Leute nicht aufs Rad um, weil sie fürchten, unter die Räder zu kommen. Deshalb muss, dafür plädiert Andreas Schwager schon lange, die Infrastruktur für Radfahrer viel, viel besser werden und möglichst abgetrennt vom Autoverkehr installiert sein.

Problemlos um den halb fertigen Wohnturm in Fellbach herumradeln

In Fellbach gelingt das nicht die ganze Strecke lang, doch über weitere Strecken, als man denkt. Erst vor kurzem hat es die Radfahr-Lobby geschafft, den Bauzaun um die teuerste Baustelle weit und breit in die Schranken zu weisen: Um den halb fertigen Wohnturm in Fellbach kann man jetzt problemlos herumradeln – quer über rote Teppiche.

In Cannstatt angekommen, steuert Stefan Richter zielsicher den Kurpark an: Er mag das Kursaal-Gebäude, weil es hübsch aussieht, und er möchte gern die autofernen Radstrecken zeigen, denn auch die gibt’s zuhauf. Am Neckar entlang geht’s flott voran, und während man entschlossen in die Pedale tritt, kommen einem lauter ganz komische Gedanken ins Hirn: Wieso schafft man nicht große autofreie Räume in Innenstädten?

Einzelhändler mögen das nicht, doch sie irren sich, glaubt Andreas Schwager: Autofreie Zonen ziehen eher Kund/-innen an, Radfahrende entdecken kleine Läden in Innenstädten eher, und sie halten auch an – man könnte diese Themen noch lange weiterspinnen in Gedanken.

Schaffenskraft und Tatendrang

Nur müssen Stefan Richter und Andreas Schwager irgendwann mal am Arbeitsplatz aufschlagen, also: Ciao und danke, das war toll.

Noch toller, wenn nicht gar glückserzeugend wirken Schaffenskraft und Tatendrang, die Radel-Pendelnde durchfluten – noch bevor der Arbeitstag begonnen hat.

Unsere gesamte Berichterstattung zur Bahn-Sperrung finden Sie unter www.zvw.de/bahn.

Verwandte Themen

Jan Kamensky

Jan Kamensky's Utopie von Waiblingen

So könnte Waiblingen aussehen wenn wir Jan Kameskys Utopie folgen würden.

ADFC-Mitgliederversammlung des Kreisverbandes Rems-Murr

Anbei finden sie den Bericht der ADFC-Mitgliederversammlung des

Kreisverbandes Rems-Murr und Waiblingen.

Bündnis sagt Bahn den Kampf an

Gegen die geplanten Streckensperrungen der Deutschen Bahn, die unter anderem ab Mai den Zugverkehr zwischen Waiblingen…

Neuer Radweg bei Nellmersbach: Was es mit dem geisterhaften Mahnmal auf sich hat

04.07.2023 Der langersehnte neue Radweg entlang der Kreisstraße K1846 zwischen Nellmersbach und Erbstetten ist…

Radweg

Radschnellweg Schorndorf-Stuttgart in Fellbach: ADFC fordert schnellen Ausbau

Für den perspektivisch stark wachsenden Radverkehr sei die direkt durch Fellbachs Mitte geführte Planungsvariante 1 der…

Protected Bike Lanes (kurz: PBL, deutsch: Geschützte Radfahrstreifen) sind ein vom ADFC aus Nordamerika importiertes Konzept.

Rems-Murr-Kreis zählt Radfahrer: Wozu soll das gut sein?

Eins, zwei, drei, viele: Mehr Menschen schwingen sich aufs Fahrrad, nicht nur am Wochenende. Dieser Eindruck stimmt…

ADFC Rems-Murr launcht neue Homepage

02.09.2022

 

Der ADFC Rems-Murr launcht neue Homepage. Modern, Schlank und Benutzerfreundlicher.

Lastenrad mieten in Welzheim: Wann das Projekt starten soll

Und dabei heißt es immer, wenn man einmal Radfahren gelernt hat, dann würde man es nie mehr verlernen! Zumindest was den…

Winnenden: Radsonntag mit vier geführten Touren, Bewirtung und Gewinnspielen

Der 25. Winnender Radsonntag findet am 3. Juli statt und bietet folgendes Programm:

https://rems-murr.adfc.de/artikel/pendel-testfahrt-mit-dem-rad-ab-waiblingen-schneller-als-der-bus-wetten-dass

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    weiterlesen

  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

    weiterlesen

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

    weiterlesen

  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

    weiterlesen

  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

    weiterlesen

  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt